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Wir sind mehr als eine Schlafstadt

Interview mit Haans Bürgermeisterin Dr. Bettina Warnecke.

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von Regiomanager 01.03.2016
Dr Bettina Warnecke, Bürgermeisterin von Haan

RWM: Frau Dr. Warnecke, was war im vergangenen Jahr Ihr persönlicher Antrieb, gegen Amtsinhaber Knut vom Bovert anzutreten?

Dr. Bettina Warnecke: Nach einigen berufsbedingten Wohnortwechseln bin ich mit meiner Familie vor fünf Jahren in Haan angekommen und fühlte mich sehr schnell heimisch hier. Mit gefällt die Stadt sehr und ich hatte den Wunsch, die „Dinge“ hier aktiv voranzutreiben. Haan ist nicht zu groß und nicht zu klein, ideal für junge Familien, denen schon jetzt eine sehr gute Infrastruktur geboten wird. Aber verbessern lässt sich immer etwas und das möchte ich hier sehr gerne in Angriff nehmen.


RWM:
Wie schnell haben Sie sich in Ihre neue Rolle hineingefunden? Wo sehen Sie die größten Herausforderungen Ihrer ersten Amtszeit?

Dr. Bettina Warnecke: Die ersten Wochen bestanden darin, das Rathaus und die Mitarbeiter kennenzulernen. Sehr in Anspruch genommen wurde ich von der Flüchtlingssituation, die zu den Wahlen noch niemand so hatte voraussehen können. Diese, insbesondere die Suche nach geeigneten und vor allem zahlenmäßig ausreichenden Unterkünften, hat das Wirken und Zurechtfinden der ersten Zeit doch stark überlagert – und ist zugleich im Sinne der Integrationsarbeit sicher eine der Herausforderungen der Zukunft. Weiter scheint mir von zentraler Bedeutung, die Innenstadt gemeinsam mit Einzelhändlern und Bürgern weiterzuentwickeln. Wir dürfen nicht zur Schlafstadt zwischen Düsseldorf und Wuppertal werden. Der zweite Bauabschnitt zum Technologiepark wird ein wichtiger Gewerbefaktor und die elternbestimmte Neustrukturierung unserer Schullandschaft wird uns noch in diesem Jahr intensiv beschäftigen. Wir wollen die positiven Merkmale unserer Stadt stärker nach außen tragen und schaffen dafür gerade eine neue Stabsstelle für Marketing und Öffentlichkeitsarbeit. Eine weitere Herausforderung wird sein, die Verwaltung räumlich neu aufzustellen. Zurzeit sind die Ämter und Abteilungen breit gestreut, weil das historische Rathaus nicht genug Platz bietet. Von der Politik sind wir aufgefordert, vier Alternativlösungen vorzustellen, wie dieses Thema gelöst werden könnte. Persönlich wichtig ist mir, nicht nur ausführendes Organ der Politik zu sein, sondern aktiv Themen und Vorschläge aus der Verwaltung heraus in die Gremien zu tragen. Unsere Mitarbeiter sind nah dran am Geschehen und haben viele Ideen, die Haan nach vorne bringen können.

RWM: Sie haben die Bearbeitung des mit bürgerschaftlicher Beteiligung entwickelten „integrierten Handlungskonzeptes“ für die Haaner Innenstadt quasi vom Vorgänger geerbt. Warum braucht Ihre Stadt ein derartiges Konzept und was erwarten Sie davon?

Dr. Bettina Warnecke: Wir dürfen den Entwicklungen in umliegenden Städten nicht hinterherhinken und müssen Haan liebens- und lebenswert erhalten. Da gilt es, Politik, Verwaltung, Handel und Bürger gleichermaßen mitzunehmen und mitentscheiden zu lassen. Nicht nur unsere eigenen Einwohner sollen Haan als schöne Stadt wahrnehmen, in der es sich zu leben lohnt, in der Aufenthaltsqualität geboten wird. Und das gilt dann eben über die bekannten Aktionen wie den Haaner Sommer, die Haaner Gartenlust, den Wochenmarkt, die Kulturfestspiele Pfingstrausch oder die Haaner Kirmes hinaus. Dafür muss aber gemeinsam am Erscheinungsbild gearbeitet werden, das wir bald in Angriff nehmen. Die Fördermittel dazu werden wir im Sommer beantragen.

RWM: Wie wird die Veränderung der Innenstadt denn konkret aussehen?

Dr. Bettina Warnecke: Im Detail gilt es jetzt, genau das herauszuarbeiten. Aber in den bisherigen Workshops gab es bereits Ideen und wir werden diese weiterentwickeln. Da geht es um Themen wie einheitliche Pflasterung der Plätze, deren Ausgestaltung mit Grünstreifen und -inseln, einheitliche Parkbänke und Abfallbehälter und Ähnliches. Auf jeden Fall wird die Gartenstadt in den Plänen wiederzufinden sein.

RWM: Einzelhandel und Gastronomie in Haan scheinen sich sehr engagiert zu zeigen, wie u.a. die Anerkennung als „Fair-Trade-Stadt“ vom 30. Januar dieses Jahres zeigt. Was steckt dahinter?

Dr. Bettina Warnecke: Solche Initiativen unterstützen wir als Stadtverwaltung nicht nur gerne, wir tragen sie auch mit. In diesem Fall haben wir das Anerkennungsverfahren begleitet und setzen fair gehandelte Produkte auch innerhalb der Verwaltung ein. Es gibt klare Kriterien, um das Siegel als „Fair-Trade-Stadt“ zu erhalten, dazu gehören Mindestzahlen beteiligter Händler, Gastronomen und Initiativen.

RWM: Haan befindet sich seit 2010 im Haushaltssicherungskonzept. Wie gut sehen Sie die Chancen, eine Konsolidierung in den nächsten vier Jahren zu erreichen?


Dr. Bettina Warnecke:
Unsere Planungen laufen darauf hinaus, dass wir 2019 – leider nicht ohne eine weitere Steuererhöhung – erstmals wieder schwarze Zahlen schreiben. Schon in 2016 hätte unser Haushalt sehr gut ausgesehen, wenn nicht die zusätzlichen Belastungen durch die Flüchtlingsproblematik dazugekommen wären. Dennoch konnten wir am 8. März den Haushalt verabschieden und ich blicke positiv in die Zukunft. Die Anstrengungen werden wir als Stadtverwaltung noch zusätzlich unterstützen, indem wir den Gremien eine umfangreiche Liste mit allen Einsparpotenzialen vorlegen werden.

RWM: Haben Sie schon eine Idee davon, wie Haan in zehn Jahren aussehen wird?

Dr. Bettina Warnecke: Ich wünsche mir eine Stadt Haan, die ihr Potenzial voll ausschöpft als Gartenstadt zwischen den Großstädten. Die Innenstadt wird nicht nur von den Haanern selbst genutzt, sondern Besucher von nah und fern kommen gerne zum Kaffeetrinken, Einkaufen und Verweilen in unsere Stadt. Dazu tragen die touristischen Attraktionen wie neanderlandsteig, PanoramaRadweg, Düssel- und Ittertal bei. Außerdem leben Familien sehr gerne hier, weil es uns gelungen ist, die Stadt und ihre Angebote noch attraktiver für diese Zielgruppe zu gestalten. Und nicht zuletzt verfügen wir über einen soliden Haushalt, der uns Spielräume lässt für die freie Gestaltung außerhalb des Pflichtenheftes. Dazu tragen dann selbstverständlich die florierenden Gewerbeflächen als wichtige Einnahmequelle für Kommunen
bei. Stefan Mülders | redaktion@regiomanager.de

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