Management

Gutes Geld?

Nachhaltige Investments werden beliebter, ihre Standards und Transparenz sind allerdings noch ausbaufähig.

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von Regiomanager 01.05.2016
Foto: © rangizzz– stock.adobe.com

137 Milliarden Euro. Diese beachtliche Summe investierten Anleger 2015 in Deutschland in sogenannte nachhaltige Geldanlagen. Das sind Investments, bei denen neben den klassischen Faktoren Liquidität, Rentabilität und Sicherheit in irgendeiner Form auch soziale, ethische und ökologische Bewertungskriterien einfließen, z.B. die Unterstützung sozialer Projekte, die Förderung klimafreundlicher Verfahren oder eine transparente Geschäftspolitik. Gegenüber 2014 hat dieser Markt um sieben Prozent zugelegt – offensichtlich suchen die Anleger vermehrt nach einer „guten“ Alternative. Verglichen mit dem gesamten Finanzanlagenmarkt, dessen Volumen in die Billionen Euro geht, ist dieser Teilmarkt aber noch ein zartes Pflänzchen. Zudem gibt es ein großes Gefälle zwischen institutionellen und privaten Investoren: „Vor allem institutionelle Investoren setzen auf nachhaltige Anlagen“, erklärte Volker Weber, Vorstandsvorsitzender des Fachverbands Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG), bei der Präsentation des Marktberichts. „Auch wenn in Deutschland private und institutionelle Anleger jeweils in absoluten Zahlen hinzugewonnen haben, konnten Letztere ihren Marktanteil an nachhaltigen Geldanlagen auf den Spitzenwert von 85 Prozent ausbauen. Privatanleger haben dagegen mit einem Anteil von 15 Prozent etwas verloren. Die wichtigste Gruppe der institutionellen Investoren im Bereich der nachhaltigen Geldanlagen sind öffentliche Pensionsfonds, gefolgt von kirchlichen Institutionen und Wohlfahrtsorganisationen sowie Stiftungen. Bei der Entscheidung für nachhaltige Geldanlagen spielen neben ethischen Fragen insbesondere bei institutionellen Investoren Aspekte wie Risiko-Management und Reputation eine Rolle.“

Wie sieht nachhaltiges Investieren aus?

Welches Investment nachhaltig ist, sprich soziale, ökologische oder ethische Bewertungskriterien einbezieht, ist ein weites Feld. Dementsprechend vielfältig sind nachhaltige Geldanlagen auch – und für den Laien anfangs nur mühsam zu überblicken. Da gibt es zunächst die Anlagestrategien mit Ausschlusskriterien. Hier werden Branchen, Unternehmen oder auch Staaten aus dem Investment ausgeschlossen, die bestimmte Nachhaltigkeitskriterien nicht erfüllen oder den ethischen Ansprüchen der Geschäftspolitik nicht entsprechen. Das können z.B. Unternehmen sein, die in der Kernenergie oder Rüstungsindustrie tätig sind oder durch Korruption in die Schlagzeilen geraten sind. Ausgeschlossen werden können auch Institutionen, die gegen internationale Regeln und Normen verstoßen, etwa Menschenrechte oder Artenschutzabkommen. Analog zu den Ausschlusskriterien gibt es positive Anlagekriterien (positives Screening). Dabei werden solche Unternehmen ausgewählt, die in ihrer Anlagepolitik festgelegte Nachhaltigkeitskriterien besonders gut erfüllen – die z.B. regelmäßig Bericht erstatten über die sozialen und ökologischen Belange ihres Geschäfts oder die ihre Vorstandsgehälter veröffentlichen. Zu den positiven Anlagestrategien gehören auch Themenfonds, die von Nachhaltigkeits-Spezialisten gemanagt werden. Gängige Branchen hier sind Grüne Immobilien, erneuerbare Energien, Kultur oder Bildung. Eine weitere verbreitete Anlagestrategie im nachhaltigen Sektor ist Best-in-Class: Hier wird auf solche Unternehmen gesetzt, die im Branchenvergleich in ökologischer, sozialer oder ethischer Hinsicht die höchsten Standards setzen. In Deutschland noch recht unbekannt, in anderen Ländern wie den USA oder Großbritannien schon relativ erfolgreich ist das sogenannte Impact Investing: Man investiert in Unternehmen, Organisationen und Fonds, um neben einem finanziellen Ertrag auch eine messbare soziale oder ökologische Wirkung zu erreichen. Das Spektrum reicht hier vom Schulbau über die Integration von Behinderten ins Arbeitsleben bis hin zur Trinkwasseraufbereitung in Entwicklungsländern (siehe INFO-Kasten!). Darüber hinaus gibt es noch die Anlagestrategie „Engagement“ – dieser Begriff meint den langfristigen Dialog von Investoren und der Unternehmensführung, um Letztere zugunsten einer nachhaltigen Strategie zu beeinflussen. Nachhaltige Geldanlagen lassen sich mit praktisch allen gängigen Finanzprodukten umsetzen: als Aktien, Anleihen, Altersvorsorgeprodukte, Beteiligungen, geschlossene Fonds, Genussscheine, Investmentfonds, Lebensversicherungen, Rentenpapiere, Sparbriefe, Festgelder oder Zertifikate.

Transparenz noch ausbaufähig

Der norwegische Staatsfonds, der weltweit größte seiner Art, hat Anfang 2016 sein Geld aus Kohleunternehmen abgezogen. Die Allianz Versicherung folgte diesem Beispiel. Durch die Abkehr von der Kohle werde ein Risiko aus dem Portfolio verbannt, hieß es. Und jüngst kickte die Triodos Bank den Automobilkonzern VW aus ihrem Angebot – aufgrund des Abgasskandals. Das sind Beispiele dafür, dass bereits ein Umdenken vonstattengeht, allerdings hauptsächlich bei den institutionellen Anlegern und Großverdienern. Private Kleinanleger zögern noch, weil ihnen vor allem der Überblick fehlt, mutmaßen Verbraucherschützer. Helfen könnten Qualitätssiegel, ähnlich wie bei Lebensmitteln. Das Forum Nachhaltige Geldanlagen hat Ende 2015 ein solches herausgegeben, um Orientierung zu schaffen. Wie die Zeitung „Die Welt“ recherchierte, wurden aber nur Produkte untersucht von Gesellschaften, die sich vorher beworben haben und eine Bearbeitungsgebühr zahlten. Vielleicht ist an dieser Stelle doch einmal der Staat gefragt, um gesetzliche Standards zu etablieren? Was die Performance angeht, müssen sich nachhaltige Geldanlagen jedenfalls nicht mehr verstecken: Viele solcher Investments sind allein deswegen schon relativ stabil durch die Krisen der letzten Zeit gegangen, weil oft Ölhändler ausgeschlossen sind und der Ölpreis sie daher kaum tangiert.

Thomas Corrinth I redaktion@regiomanager.de

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